Abtreibung in der Klassik

Unter den klassischen Völkern war die Frage, ob der Schwangerschaftsabbruch Mord sei oder nicht, ein äußerst uneinheitlich gelöstes Problem. Selbst in Reichen mit einheitlichem Recht, wie dem arrovelosianischen Reich oder dem Drunum wurde von Ort zu Ort und Zeit zu Zeit unterschiedlich geurteilt. Die Abtreibung eines Fötus wurde jedoch selten als dem Mord an einem Erwachsenen gleicher Tatbestand angesehen und selbst schwere Strafen waren weniger schwer, als Strafen für Mord oder Totschlag.

 

Dies lag zum Einen daran, dass Neugeborene in den wenigsten Völkern als richtige Menschen galten. Bei den Arbaren galten Neugeborene beispielsweise erst ab einem Alter von 6 Jahren als „Kind“ und somit als Mensch; bei anderen Völkern verbreitet bereits nach dem ersten Jahr. Neugeborene galten, wie die Leibesfrucht als Teil der Mutter und so maß man vielerorts der Mutter das Recht zu, über das Schicksal ihrer Leibesfrucht bzw. ihres Neugeborenen zu entscheiden. Eine Abtreibung war daher meist nur dann strafbar, wenn sie gegen den Willen der Mutter durchgeführt wurde, zum Beispiel, weil die Schwangere geschlagen worden war. Abtreibung oder die Tötung von Neugeborenen besaßen den Stellenwert einer Selbstverstümmelung, was je nach Ort und Zeit unterschiedlich stark akzeptiert war.

Während sich die Einstellung gegenüber Neugeborenen im Lauf der Klassik wandelte, so dass deren Tötung beinahe überall als Mord angesehen wurde, erfuhr die Einstellung zur Abtreibung nur eine gewisse Generalisierung unter den Völkern. Die Annahme, die Mutter könne über das Schicksal ihrer Leibesfrucht entscheiden, wurde von verschiedenen Medizinern und Philosophen untermauert; die Meinung, der Fötus habe den Stellenwert eines Geschwüres, war weit verbreitet.

 

Was sich änderte, waren die akzeptierten Mittel. Während über lange Zeit das Ausschaben oder sogar komplizierten Operationen gesellschaftlich akzeptiert wurden und man ihnen, besonders unter den Erseven, einen Vorrang über Kräutermitteln einräumte, wurden sie im Lauf der Klassik langsam beinahe überall verboten. Dies hing jedoch nicht mit der Achtung vor dem noch ungeborenen Leben zusammen, sondern eher mit den für die Mutter dadurch entstehenden Gefahren.

 

Eine verbreitete Möglichkeit zur Abtreibung war die Einnahme einer Mischung aus dem Gift der Höhlenspinne, Aschenknolle und saurer Ziegenmilch; was in der falschen Dosierung jedoch zu schweren inneren Blutungen führen konnte und auch in der richtigen Dosis zu einer sehr schmerzhaften Zeit führte.

 

Unter allen klassischen Völkern war das Drunum in seiner Einstellung zur Abtreibung am extremsten: Seit dem Aufstieg der Drunatoren besaßen die Praecarti die Befugnis in ihrer Sica [„Provinz“] Abtreibungen zu Verordnen, um eine Überbevölkerung zu verhindern oder aufständische Bevölkerungsgruppen zu bestrafen. Die klassischen Quellen berichten jedoch nur von sechs Fällen, in denen dieses Recht in großem Maßstab angewendet wurde, häufiger wurde es wohl genutzt um Einzelpersonen zu bestrafen. Über die Mittel, mit denen die Abtreibung durchgeführt wurde, durfte der zuständige Praecartus frei entscheiden – und in einer Quelle ist überliefert, dass dies in einem Fall, der Massenabtreibung von Talsa, darin bestand, dass alle Schwangeren von den Acionarii verprügelt wurden.